Expertise Nachhaltiges Wirtschaften – Anna Yona: In Schritten denken anstatt in Perfektion
Minimalschuhe für Groß und Klein aus ökologischen Naturstoffen – das ist das Produkt von Wilding Shoes. Gründerin und Geschäftsführerin Anna Yona erklärt im Interview wie sich ihr Unternehmen dem Ziel des regenerativen Wirtschaftens verschrieben hat und was für sie ein nachhaltiges Geschäftsmodell ausmacht. Anna Yona ist Keynotereferentin beim Nachhaltigkeitstag Wirtschaft A³ am 23.10.2024.
Um es „flach“ zu formulieren: Sie produzieren Schuhe. Was ist aus Ihrer Sicht nachhaltig an Ihrem Geschäftsmodell? Das Produkt, der Produktionsprozess, die Art der Unternehmensführung …?
Wir machen Schuhe, die Kindern wie Erwachsenen ermöglichen, sich ganz natürlich und unbeschwert zu bewegen. Das hat Einfluss auf Lebensgefühl und Gesundheit. Ein sinnvolles, wirklich benötigtes Produkt ist für mich die absolute Grundlage für Nachhaltigkeit. Denn was nicht wirklich gebraucht wird, sollte gar nicht erst produziert werden.
Um diese Existenzberechtigung herum versuchen wir in allen Bereichen weiteren Sinn und Wert zu schaffen. Dazu stellen wir uns vor allem die Frage, wie wir in dem, was wir tun nicht nur Schaden minimieren, sondern vor allem einen positiven Einfluss haben können. Den Blick auf Möglichkeiten und Chancen zu richten, statt auf Defizite, gibt Energie und Motivation und führt zu tollen Partnerschaften entlang unserer Wertschöpfungskette, neuen Lösungen für Kreislaufthemen, Investitionsprojekten und viel Engagement für eine offene, gleichberechtigte und leidenschaftliche Unternehmenskultur.
Was bedeutet der Ansatz des regenerativen Wirtschaftens bei Wildling Shoes? Und wie wird das umgesetzt?
Wir orientieren uns an der Natur als Vorbild, die stets nach Balance strebt, aus Vielfalt schöpft und in Kreisläufen denkt. Unser Wirtschaftssystem hat diese Prinzipien nicht ausreichend verankert und setzt daher oft falsche Anreize. Wir versuchen den Rahmen für unsere Tätigkeit neu zu definieren und Lösungen zu finden, die auf natürlichen Prinzipien beruhen.
Wie kann unser Produkt möglichst lang genutzt werden und am Ende des Lebenszyklus wieder Nährstoff für eine neue Wertschöpfung sein? Wie können wir ein möglichst regionales und dezentrales Lieferanten-Netzwerk fördern und aufbauen? Wie können wir so arbeiten, dass wir ebenso viel Energie aus der Arbeit ziehen können, wie wir tagtäglich hineinstecken? Wie können wir Geld als Nährstoff betrachten und so einsetzen, dass es Vielfalt fördert, statt sich auf toxische Weise an einzelnen Stellen zu akkumulieren? Das sind Fragen, die uns in unserem Arbeitsalltag antreiben und uns helfen neue Wege und Lösungen zu finden.
Auf der Webseite von Wildling steht „Wer auf Perfektion wartet, macht vielleicht nie den ersten Schritt: Deshalb riskieren wir Fehler.“ Was meinen Sie damit?
Wir bewegen uns häufig in Bereichen, in denen es keine fertigen Lösungen gibt, sondern in denen man Ideen suchen, loslaufen und ausprobieren muss. Selten ist dabei der Weg vollkommen klar, gibt es absolut richtig oder absolut falsch. Meistens ist es eher ein Herantasten, Erkenntnisse sammeln, Lernen und Kurs korrigieren.
Die Zusammenhänge sind oft so komplex, dass es lähmend wirken kann. Ebenso könnte es demotivierten, wenn man feststellt, dass man eine Weile in die falsche Richtung gelaufen ist. Für uns ist es wichtig, sich davon nicht entmutigen zu lassen, und aus dem Grübeln heraus ins Tun zu kommen. Fehler sind ein Zeichen dafür, dass wir uns trauen, wachsen und lernen. Daher heißen wir sie willkommen.
Wildling Shoes ist B Corp zertifiziert, warum? Worin besteht für Sie hierbei der Mehrwert?
Die B Corp Zertifizierung ist ein sehr umfassendes Assessment des Unternehmens. Sie bezieht sich auf den Umgang mit der Kundschaft, dem Team, Partnern, der Gemeinde vor Ort und der Umwelt. Wir nutzen die Zertifizierung sowohl, um uns neue Ziele in all diesen Bereichen zu setzen, als auch als unabhängige Bestätigung dafür, dass wir auch tun, was wir erzählen.
Wo spüren Sie äußere Hemmschwellen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen?
Die größte Hürde für uns ist die Tatsache, dass unser Wirtschaftssystem andere Handlungsweisen fordert und fördert, als jene, die wir durch unsere Fragestellung priorisieren würden. Einfacher ausgedrückt – die Beschäftigung mit regenerativen Wirtschaftsweisen ist teuer, sie benötigt Zeit und Geld. Für uns entstehen deutlich höhere Kosten - intern für Teamressourcen und auch im Einkauf. Gleichzeitig haben wir durch unsere Bemühungen keine Vorteile auf dem Markt - wir zahlen die gleichen Steuern und wir können (und wollen) die höheren Kosten auch nicht auf unsere Kundschaft abwälzen.
Ich träume davon, dass wir ein System schaffen können, dass den Einsatz für soziale und ökologische Themen honoriert und entstehende Schäden für Menschen und Umwelt besteuert, so dass die wirklich guten Produkte hinterher günstiger angeboten werden können als solche, die viele externe Kosten erzeugen.
Wie sind Sie das Thema Nachhaltigkeit und regeneratives Wirtschaften angegangen? Haben Sie das Thema mit der Gründung bereits berücksichtigt oder kam dieser Prozess erst mit der Zeit in Gang?
Nachhaltigkeit war einer unserer Kernwerte bereits bei der Unternehmensgründung. Ganz im Sinne, der oben genannten ‚Unperfektion‘ war uns aber klar, dass wir nie starten können, wenn wir von Anfang an alles richtig machen wollen. Daher war unser Ansatz: wir machen es so gut, wie wir können, wohl wissend, dass wir damit nur den ersten Schritt auf einem sehr langen Weg tun. Diesen Weg kontinuierlich weiter zu laufen ist eine Aufgabe, die uns immer begleiten wird.
Minimalschuhe für Groß und Klein aus ökologischen Naturstoffen – das ist das Produkt von Wilding Shoes. Gründerin und Geschäftsführerin Anna Yona erklärt im Interview wie sich ihr Unternehmen dem Ziel des regenerativen Wirtschaftens verschrieben hat und was für sie ein nachhaltiges Geschäftsmodell ausmacht. Anna Yona ist Keynotereferentin beim Nachhaltigkeitstag Wirtschaft A³ am 23.10.2024.
Um es „flach“ zu formulieren: Sie produzieren Schuhe. Was ist aus Ihrer Sicht nachhaltig an Ihrem Geschäftsmodell? Das Produkt, der Produktionsprozess, die Art der Unternehmensführung …?
Wir machen Schuhe, die Kindern wie Erwachsenen ermöglichen, sich ganz natürlich und unbeschwert zu bewegen. Das hat Einfluss auf Lebensgefühl und Gesundheit. Ein sinnvolles, wirklich benötigtes Produkt ist für mich die absolute Grundlage für Nachhaltigkeit. Denn was nicht wirklich gebraucht wird, sollte gar nicht erst produziert werden.
Um diese Existenzberechtigung herum versuchen wir in allen Bereichen weiteren Sinn und Wert zu schaffen. Dazu stellen wir uns vor allem die Frage, wie wir in dem, was wir tun nicht nur Schaden minimieren, sondern vor allem einen positiven Einfluss haben können. Den Blick auf Möglichkeiten und Chancen zu richten, statt auf Defizite, gibt Energie und Motivation und führt zu tollen Partnerschaften entlang unserer Wertschöpfungskette, neuen Lösungen für Kreislaufthemen, Investitionsprojekten und viel Engagement für eine offene, gleichberechtigte und leidenschaftliche Unternehmenskultur.
Was bedeutet der Ansatz des regenerativen Wirtschaftens bei Wildling Shoes? Und wie wird das umgesetzt?
Wir orientieren uns an der Natur als Vorbild, die stets nach Balance strebt, aus Vielfalt schöpft und in Kreisläufen denkt. Unser Wirtschaftssystem hat diese Prinzipien nicht ausreichend verankert und setzt daher oft falsche Anreize. Wir versuchen den Rahmen für unsere Tätigkeit neu zu definieren und Lösungen zu finden, die auf natürlichen Prinzipien beruhen.
Wie kann unser Produkt möglichst lang genutzt werden und am Ende des Lebenszyklus wieder Nährstoff für eine neue Wertschöpfung sein? Wie können wir ein möglichst regionales und dezentrales Lieferanten-Netzwerk fördern und aufbauen? Wie können wir so arbeiten, dass wir ebenso viel Energie aus der Arbeit ziehen können, wie wir tagtäglich hineinstecken? Wie können wir Geld als Nährstoff betrachten und so einsetzen, dass es Vielfalt fördert, statt sich auf toxische Weise an einzelnen Stellen zu akkumulieren? Das sind Fragen, die uns in unserem Arbeitsalltag antreiben und uns helfen neue Wege und Lösungen zu finden.
Auf der Webseite von Wildling steht „Wer auf Perfektion wartet, macht vielleicht nie den ersten Schritt: Deshalb riskieren wir Fehler.“ Was meinen Sie damit?
Wir bewegen uns häufig in Bereichen, in denen es keine fertigen Lösungen gibt, sondern in denen man Ideen suchen, loslaufen und ausprobieren muss. Selten ist dabei der Weg vollkommen klar, gibt es absolut richtig oder absolut falsch. Meistens ist es eher ein Herantasten, Erkenntnisse sammeln, Lernen und Kurs korrigieren.
Die Zusammenhänge sind oft so komplex, dass es lähmend wirken kann. Ebenso könnte es demotivierten, wenn man feststellt, dass man eine Weile in die falsche Richtung gelaufen ist. Für uns ist es wichtig, sich davon nicht entmutigen zu lassen, und aus dem Grübeln heraus ins Tun zu kommen. Fehler sind ein Zeichen dafür, dass wir uns trauen, wachsen und lernen. Daher heißen wir sie willkommen.
Wildling Shoes ist B Corp zertifiziert, warum? Worin besteht für Sie hierbei der Mehrwert?
Die B Corp Zertifizierung ist ein sehr umfassendes Assessment des Unternehmens. Sie bezieht sich auf den Umgang mit der Kundschaft, dem Team, Partnern, der Gemeinde vor Ort und der Umwelt. Wir nutzen die Zertifizierung sowohl, um uns neue Ziele in all diesen Bereichen zu setzen, als auch als unabhängige Bestätigung dafür, dass wir auch tun, was wir erzählen.
Wo spüren Sie äußere Hemmschwellen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen?
Die größte Hürde für uns ist die Tatsache, dass unser Wirtschaftssystem andere Handlungsweisen fordert und fördert, als jene, die wir durch unsere Fragestellung priorisieren würden. Einfacher ausgedrückt – die Beschäftigung mit regenerativen Wirtschaftsweisen ist teuer, sie benötigt Zeit und Geld. Für uns entstehen deutlich höhere Kosten - intern für Teamressourcen und auch im Einkauf. Gleichzeitig haben wir durch unsere Bemühungen keine Vorteile auf dem Markt - wir zahlen die gleichen Steuern und wir können (und wollen) die höheren Kosten auch nicht auf unsere Kundschaft abwälzen.
Ich träume davon, dass wir ein System schaffen können, dass den Einsatz für soziale und ökologische Themen honoriert und entstehende Schäden für Menschen und Umwelt besteuert, so dass die wirklich guten Produkte hinterher günstiger angeboten werden können als solche, die viele externe Kosten erzeugen.
Wie sind Sie das Thema Nachhaltigkeit und regeneratives Wirtschaften angegangen? Haben Sie das Thema mit der Gründung bereits berücksichtigt oder kam dieser Prozess erst mit der Zeit in Gang?
Nachhaltigkeit war einer unserer Kernwerte bereits bei der Unternehmensgründung. Ganz im Sinne, der oben genannten ‚Unperfektion‘ war uns aber klar, dass wir nie starten können, wenn wir von Anfang an alles richtig machen wollen. Daher war unser Ansatz: wir machen es so gut, wie wir können, wohl wissend, dass wir damit nur den ersten Schritt auf einem sehr langen Weg tun. Diesen Weg kontinuierlich weiter zu laufen ist eine Aufgabe, die uns immer begleiten wird.
zum Unternehmen – Wildling Shoes
Wildling Shoes mit den mittlerweile rund 200 Mitarbeitenden will positiven Einfluss auf alle Bereiche der Wertschöpfungskette nehmen und setzt sich aktiv für nachhaltige und faire Rohstoffgewinnung, maximal faire Produktion, Langlebigkeit und Wiederverwertung ein. Die Idee für das Produkt „Minimalschuh“ kam Anna und ihrem Mann, Ran, als sie mit ihrer Familie von einer längeren Zeit im Ausland nach Deutschland zurückkehrte. Nach jahrelangem Barfußlaufen konnten sich ihre Kinder mit konventionellen Schuhen nicht mehr anfreunden. Und so gründete Anna – eigentlich studierte Literaturwissenschaftlerin – selbst, setzte sich mit regenerativem Wirtschaften auseinander und startete mit Wildling ihre eigene kleine Utopie, die Mensch und Umwelt in den Fokus nimmt und zu einer Plattform werden soll, um sich zu vernetzen, gegenseitig zu inspirieren, neue Perspektiven zu erkennen, Wissen zu teilen und gemeinsam an gesellschaftlicher Veränderung zu arbeiten. Wildling Shoes hat für sein Schuhdesign, New Work- und Regenerations-Ansatz bereits mehrere Preise gewonnen, zuletzt den Deutschen Gründerpreis 2021 und den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2022.